Im Februar 2017 ließ Nick Hayek, der CEO der Unternehmensgruppe durchblicken, dass ein eigenes Smartwatch Betriebssystem geplant und bereits in Arbeit sei. Dieses entwickelt der Riese auf dem Uhrenmarkt jedoch nicht allein, sondern in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Zentrum für Elektronik und Mikrotechnologie (CSEM) in Neuenburg. Ein Erscheinen war schon für das Jahresende 2018 angedacht.
Zu den Eigenschaften des Swatch Betriebssystems sollte eine besonders energiesparende Arbeitsweise gehören, die bereits allein das Potenzial hätte, die Wearable Branche zu revolutionieren. Mit der Software, so hieß es, seien bis zu zwei Jahre Akkulaufzeit mit nur einer Energiezufuhr möglich. Aktuell betragen die Zeiträume zwischen zwei Aufladungen in aller Regel nur einen oder zumindest einige wenige Tage. Spätestens dann müssen die intelligenten Uhren wieder ans Netz. Das ist jedoch nicht die einzige Innovation, die Swatch seinem Betriebssystem mit auf den Weg geben möchte.
Versprochen hatte das Unternehmen aus Biel zudem, dass das Betriebssystem ausgesprochen langfristig ausgerichtet ist. Konkret bedeutet das, dass regelmäßige Updates, wie sie bei anderen Herstellern Gang und Gäbe sind, schlichtweg nicht vorkommen. Sowohl Samsung mit seinem Tizen als auch Apple mit watchOS und Google mit Wear OS nehmen regelmäßig Aktualisierungen vor. Laut Swatch könnte das Betriebssystem auf die Dauer von fünf bis zehn Jahren ausgerichtet werden.
Ein des Öfteren geäußerter Kritikpunkt oder zumindest ein Fragezeichen steht hinter der Datensicherheit der aktuellen Softwares. Swatch will auch diesen Aspekt aus der Welt schaffen und für eine absolute Geheimhaltung persönlicher Informationen seiner künftigen Kunden sorgen.
Darüber hinaus plant Swatch, das Betriebssystem mit einer so modernen Technologie wie nur möglich auszustatten. Einen ersten Schritt konnte das Unternehmen ebenfalls zum Jahresanfang 2018 vermelden und gab bekannt, den bis dato kleinsten Bluetooth-Chip der Welt entwickelt zu haben. Swiss OS sollte die Software künftig heißen und schon in der Entwicklungsphase stieß sie auf reges Interesse anderer Hersteller. Swatch selbst hatte durchblicken lassen, dass Tissot die erste Vertreter sein wird, der eine Smartwatch mit eben diesem Betriebssystem lancieren wird – schließlich ist der Hersteller eine von insgesamt 18 renommierten Marken, die der Swatch Group angehören.
Schon frühzeitig löste die Schweizer Unternehmensgruppe eine breite Resonanz mit ihren Ankündigungen aus. So ließ CEO Hayek verlauten, dass sich bereits wenige Tage nach der Bekanntgabe der Vorhaben mehr als 100 Hersteller bei Swatch gemeldet und um weitere Informationen gebeten hätten. Rund die Hälfte stammte offenbar aus dem Silicon Valley, wobei es sich um kleinere Unternehmen handelte, die nicht mit den Größen wie Apple und Google zusammenarbeiten wollen. Stattdessen sahen sie großes Potenzial in den Ideen von Swatch. Swiss OS wurde lange als eines der spannendsten Projekte überhaupt in der gesamten Wearable Branche aufgefasst.
Der ursprüngliche Name Swiss OS wurde verworfen: Das versprochene, hauseigene Betriebssystem hört auf die Bezeichnung SwAlps und ist die Kurzform von „Swiss Autonomous Low Power System“. Schon angesichts der Namensgebung lässt sich eine der wichtigsten Eigenschaften der Software erkennen: Sie arbeitet sehr energiesparend, sodass die Träger den Akku nicht regelmäßig aufladen müssen. Stattdessen sind bis zu sechs Monate Laufzeit wie im Falle der Tissot T-Touch Connect Solar möglich.
Außerdem zeigt sich SwAlps nicht nur mit Android und iOS kompatibel, sondern ebenso mit Harmony OS, der neu von HUAWEI ins Leben gerufenen Plattform. Erstmals wurde offiziell im März 2020 das Betriebssystem der Swatch Group namentlich genannt. Der Konzern präsentierte die erste Uhr mit eben jener Software während der sogenannten „Corona-Krise“.
Wenn von der Quarzkrise die Rede ist, dann fällt unweigerlich auch der Name Swatch. Zwischen den 1970er- und 1980er-Jahren litt die europäische – und damit speziell die Schweizerische – aber auch die amerikanische Uhrenindustrie unter einem wirtschaftlichen Einbruch. Dieser kam dadurch zustande, weil neuartige Zeitmesser mit einem Quarzwerk auf den Markt gebracht wurden, die speziell aus dem asiatischen Raum stammten. Die deutlich günstigeren Modelle brachten die Konkurrenten stark ins Wanken, da deren Absatzzahlen schmolzen.
Den Weg aus der Krise bewältigte die Schweiz letztlich aus eigener Kraft, unter der Leitung von Nicolas Hayek. Er fungierte damals als Insolvenzverwalter und Unternehmensberater und wurde damit beauftragt, der Uhrenindustrie zurück zu alter Stärke zu verhelfen. Nachdem er die Allgemeine Schweizerische Uhrenindustrie AG (ASUAG) und die Société Suisse de l’Industrie Horlogère (SSH) fusionieren ließ, gab er die Produktion der Swatch in Auftrag. Dabei entstand eine erschwingliche Quarzuhr, die durch ein eher ausgefallenes Design gekennzeichnet war. Diese stieß auf eine große Resonanz und ließ sich stark automatisiert anfertigen. Die vorwiegend aus Kunststoff bestehenden Modelle begeisterten mit dem Siegel Swiss Made, obwohl es sich um keine Luxusuhr handelte. Letztlich stellte diese Strategie einen ausschlaggebenden Grund dar, warum die Schweizer Uhrenindustrie wieder in die Erfolgsspur zurückfand. Schon 1984 wurde die Ein-Millionen-Marke geknackt, was die Produktion des oftmals sehr farbenfrohen Zeitmessers betrifft.
1992 entstand dann die einhundertmillionste Swatch Uhr, bevor 2006 das 333. Millionste Modell die Produktionshallen verließ. Heute handelt es sich um eine Unternehmensgruppe – die Swatch Group – der insgesamt 18 Uhrenmarken angehören, die sich in unterschiedlichen Preissegmenten ansiedeln. Der heutige CEO Nick Hayek ist der Sohn des einstigen Retters der Schweizer Uhrenindustrie, Nicolas Hayek.